Ein Beitrag von Dr. Bernd Villhauer,
Stellvertretender Landesvorsitzender des EAK Baden-Württemberg
Umwelt als Hauptthema Umwelt und Nachhaltigkeit sind keine Modethemen sind, sondern stehen für einen Megatrend in den nächsten Jahrzehnten. Es handelt sich um eine Fragestellung, die für alle Menschen in Deutschland und weltweit so wichtig ist, dass sie keinesfalls kleingeredet werden darf. Die Umweltfrage ist die Überlebensfrage. Das erlebt jeder tagtäglich, der die Augen aufmacht oder der in anderen Teilen der Welt erlebt, wie Ressourcen heute schon knapp werden und Extremwetterlagen sich zuspitzen. Die Klimakrise ist keine Behauptung, sondern Realität und wir sollten nicht diejenigen hofieren, die das Problem nicht erkannt haben oder pseudowissenschaftlich bagatellisieren. Es geht nicht nur um Wählerstimmen, sondern um ein Thema, das uns alle betrifft. Ökologische Fragen sollten in allen Politikfeldern zentrale Bedeutung haben.
Gerade auch für die Wirtschaft ist die Umwelt eine zentrale Voraussetzung. Keine gesunde Wirtschaft ohne gesunde Umwelt – wie sich bei der Wasser-Problematik rund um die Tesla-Fabrik in Brandenburg gerade zeigt. Umweltfragen bestimmen alle Lebensbereiche, alle Milieus und alle Schichten. Die nächste Generation nimmt das besonders feinfühlig wahr, aber das Thema betrifft alle Altersstufen und sämtliche soziale Gruppen in allen Ländern.
CDU als Partei der umfassenden Nachhaltigkeit und des Lebensschutzes Daraus ergibt sich, dass die CDU das Thema aufgreifen kann und muss. Es sollte Pflichtthema sein. Oft wird vergessen, dass es durchaus schon Ansätze zu einer konsequenten Umweltpolitik der Union gab, auch einzelne engagierte Persönlichkeiten. Aber in der Breite hat die Union das Thema unterschätzt und zugunsten einer undifferenzierten und falsch verstandenen Wirtschaftsorientierung vernachlässigt. Daher ist die Kompetenzvermutung der Menschen nun in punkto Umwelt eindeutig bei den Grünen.
Nur weil es von Unionsseite nicht konsequent verfolgt wurde, haben die Grünen das Themenfeld besetzt und durch den Linksruck der grünen Partei mit allerlei anderen Politikansätzen gemischt. Das macht es uns schwer, die politischen Initiativen der Grünen ernst zu nehmen, weil bei ihnen oft vernünftige umweltpolitische Ansätze mit wirren ideologischen Themensetzungen gemischt werden (umweltfreundliche Verkehrspolitik oder nachhaltige Energiepolitik unterstützen wir, aber Genderwahnsinn, egalitäre und leistungsfeindliche Bildungspolitik und irreale Migrationspolitik eben nicht).
Voraussetzungen dafür, dass die CDU die Thematik glaubwürdig und erfolgreich aufgreift, ist aber, dass wir
authentisch, kompetent und langfristig agieren. Wenn wir nur widerwillig einzelne Umweltthemen integrieren um Wahlen zu gewinnen oder Trends zu folgen, dann werden wir nichts erreichen. Das bedeutet, dass möglichst viele Parteimitglieder einbezogen sein müssen und dass die Parteiführung durch Vorbild Beispiel setzt. Wir müssen auch als Einzelne glaubhaft für Umweltthemen einstehen.
Der EAK hat hier eine besondere Aufgabe, da er aus christlichen Werten heraus die CDU als Schöpfungspartei begreift. Umweltpolitik ist ein Beitrag zur Bewahrung der Schöpfung. Alle Politikfelder sind daran zu orientieren: Christ sein heißt schöpfungsgerecht leben. Daher denken wir die Natur nicht als Selbstwert, sondern immer in Bezug auf den Auftrag, den uns Gott erteilt, einen Auftrag der Bewahrung und der Gestaltung. Unsere Verantwortung enthält die Antwort auf Gottes Schöpfung. Und im christlichen Denken ist Umwelt immer mit Liebe zu den Mitmenschen verbunden. Wir schützen die Welt nicht nur für sich, sondern für die Menschen, weil wir im Sinne der Gerechtigkeit auch "intergenerationelle Gerechtigkeit", also Rücksicht auf die nächsten Generationen, ernst nehmen. Daher fragen Christen in der Union danach, in welcher Gesellschaft sie leben wollen. Umweltpolitik ist nicht rückwärtsgewandt, sondern ein Element unseres Bildes von der Gesellschaft der Zukunft.
Die Nächstenliebe gibt auch den Umgang mit anderen Menschen vor, die nicht unserer politischen Meinung sind. Wir gehen respektvoll und wertschätzend mit ihnen um. Das gilt auch gerade für diejenigen, die sich (oft aus guten Motiven heraus) auf der falschen Seite engagieren. Als Christen sollten wir nicht in Schwarz und Weiß denken, sondern die Buntheit der realen Welt sehen.
Da wir Umwelt und Natur nicht verabsolutieren, sondern im Rahmen der Schöpfungsbewahrung sehen, können wir die Ökologie auch mit der Ökonomie zusammendenken. Dabei sollten nicht die Interessen der Wirtschaftslobby und Wirtschaftsfunktionäre, sondern die wirklichen Anforderungen der Wirtschaft selbst im Vordergrund stehen. Neben diesem wirtschaftlichen Realismus ist der soziale Realismus für uns unverzichtbar: ökologische Politik muss für alle nachvollziehbar und bezahlbar sein. Auch das bedeutet Ganzheitlichkeit und Inklusion!
Ökologische Themen sollten daher immer im Sinne einer Technologieoffenheit und einer Innovationskultur behandelt werden. Nicht verbieten, sondern ermöglichen! So wurden in der Vergangenheit auch schon Umweltprobleme gelöst, zum Beispiel durch bessere Katalysatoren oder neue Treibmittel in Sprühdosen.
Allerdings werden diese Perspektiven von den Grünen ebenfalls wahrgenommen. Auch in der grünen Partei gibt es starke Tendenzen, sich zur Wirtschafts- und Technikpartei weiterzuentwickeln. Dieses sich verändernde grüne Profil gilt es zu beobachten und zu prüfen, welche Themen wir zuerst aufgreifen können und wo sich die Grünen durch ihren links-ideologischen Ballast selbst Lernprozesse verbauen. Was hindert sie daran, Volkspartei zu werden?
In jedem Fall sollten wir uns nicht zeitgeistig anbiedern und unsere eigenen Grundlagen, Markenkerne und Überzeugungen aufgeben. Konsequente Umweltpolitik bedeutet eben gerade nicht, grüne Themen nachzuplappern, sondern eigene Wege der ökologischen Innovation zu beschreiben. Dabei können und müssen wir die Verlogenheit und Inkonsequenz der anderen Seite anprangern, die bei Küken ethisch offenbar sensibler ist als bei menschlichen Embryos und die jede Form von Nachhaltigkeit befürwortet, nur nicht die finanzielle. Die CDU ist eine Partei der konsequenten umfassenden, sowohl ökonomischen wie ökologischen Nachhaltigkeit, des Umwelt- und Heimatschutzes und vor allem des Lebensschutzes in jeglicher Form. Wir sind eine Partei des Lebens.
Anforderungen an uns und neue Positionierung im Parteienspektrum Für einen neuen Aufbruch mit Zukunftsthemen müssen wir prüfen, was in den neuen gesellschaftlichen Verhältnissen überhaupt noch für die Union möglich ist. Was bedeutet es heute, Volkspartei zu sein? Gibt es das noch – oder müssen wir vielmehr Nischen und Teilbereiche der Gesellschaft finden, die wir mit wechselnden Bündnissen und immer wieder neuen Lösungsansätzen zu (zeitweiligen) Koalitionen zusammenbringen. Welche Angebote gelten noch für alle Milieus, alle Einkommensschichten und alle Bildungsgrade? Das Umweltthema scheint ein solches verbindendes Element zu sein – wenn es nicht zu exklusiv und sozial unsensibel aufgegriffen wird.
Maß und Mitte müssen für neue Schichten und die kommende Generation neu verstanden und gefasst werden. Wir sind die Partei der Balance, der Ausgewogenheit und der Stabilität. Das ist wichtig, da hier bürgerliches Selbstverständnis seinen Kern hat. Wahlen werden innerhalb des bürgerlichen Lagers entschieden. Deswegen müssen wir die neuen bürgerlichen Milieus wahr- und ernst nehmen. Es gilt genauer hinzuschauen: die Grünen vertreten neue Formen des Bürgertums, wir eher die alten Formen. Aber wenn wir die neuen Formen mit unseren Politikangeboten erreichen, dann können wir sie teilweise zu uns ziehen, da die festen Parteibindungen immer schwächer werden. Denn wir sind nicht nur konservativ-traditionalistisch sondern eben christdemokratisch.
Es geht darum, ein eigenes ökologisches Profil der Union zu entwickeln und die Partei thematisch und personell dafür zu stärken. Dabei hilft uns unsere Technologieoffenheit, unsere Verankerung in der breiten Bevölkerung und unser wirtschaftlicher Realismus. Dabei müssen Themen gefunden werden, deren Umweltrelevanz bisher noch nicht klar erkannt wurde, so z.B. die Künstliche Intelligenz (KI). Außerdem könnte sich die Union zum Anwalt der Sozialverträglichkeit ökologischer Innovationen machen.